Bürokratie bleibt unangetastet

Bericht in der Schaffhauser AZ

 

Es ist ruhig geworden um die Streichung von Schulstunden im Rahmen des Sparprogramms ESH3. Die Lehrerschaft scheint sich mit dem offenbar Unabänderlichen abgefunden zu haben. Dabei würde die von Erziehungsdirektor Amsler gepriesene Opfersymmetrie durchaus eine genauere Prüfung verdienen.

 

Bericht von Bernhard Ott

September 2012: Soeben sind die Details des sogenannten Entlastungsprogramms ESH3 bekannt geworden. Der Kanton Schaffhausen muss sparen, weil er die Steuern nicht erhöhen will, und hat unter anderem die Bildungsausgaben als mögliches Opfer ins Visier genommen. An die geplante Kostenreduktion von 20 Millionen Franken im kommenden Jahr soll der Bildungsbereich 7,315 Millionen Franken beitragen. Das sind rund 4,6 Prozent des bisherigen Ausgabenvolumens im Bildungssektor.

Schnell wird klar, wie sich die bürgerlich dominierte Regierung die Verwirklichung des angestrebten Ziels vorstellt: Sie will hauptsächlich Schulstunden streichen, so dass 15 Lehrerstellen eingespart werden können. Im Klartext heisst das: Ab dem Schuljahr 2013/2014 wird pro Klasse eine Stunde gestrichen, 'alles Fächer im kreativ-musischen Angebot', ereifert sich Christoph Schmutz, der gegenwärtig eine fünfte Klasse der Elementarschule am Gega führt. 'Fast könnte man meinen, die Economiesuisse sei Pate gestanden, denn der Entscheid fiel nur auf der Basis der ökonomischen Nützlichkeit', kritisiert Schmutz weiter.

Schlechte Stimmung

 

Wenn man die Liste der gekappten Stunden sieht, kann man Schmutz verstehen. In der ersten und in der zweiten Klasse wird je eine Singstunde eliminiert, in der dritten 'Mensch und Umwelt', in der vierten 'textiles Werken' (also Handarbeit), in der fünften eine Französisch- und in der sechsten eine Zeichnungsstunde. Auch die Oberstufe muss Haare lassen: In den ersten Real- und Sekundarklassen fällt die einzige Geschichtsstunde weg, in der zweiten die Geografie und in der dritten die Aufgabenhilfe.

 

À propos Nützlichkeit der Schulstunden: 'Ich finde es typisch, dass niemand das Frühenglisch anzugreifen wagte, dabei ist doch Französisch immerhin unsere zweite Landessprache', sagt Esther Bänziger, die eine dritte Klasse im Breiteschulhaus unterrichtet. Gravierend findet sie, dass in der ersten Klasse der Oberstufe die einzige Geschichtsstunde geopfert werden soll. 'Woher bekommen die Schüler als angehende Staatsbürger nun die Informationen, wie unser Staatswesen funktioniert?'

 

Mit ihrem Zorn über die von der Regierung aufgegleiste Sparübung stehen die beiden engagierten Lehrer Schmutz und Bänziger nicht allein. 'Die Stimmung ist schlecht', sagt Christoph Schmutz, 'aber die meisten haben resigniert.' Dabei sah es zu Beginn noch nach ernsthaftem Widerstand aus, genau wie im Winter, als die Lehrer streikten, um auf ihre Lohnsituation aufmerksam zu machen. Auch jetzt gab es wieder eine Lehrerdemo. Am 25. September, wenige Tage vor den Herbstferien, fand auf Einladung des Kantonalen Lehrervereins eine Protestkundgebung auf dem Fronwagplatz statt. Dann verreisten die meisten Protagonisten in die Herbstferien – und seither scheint die Geschichte gegessen zu sein.

 

Keine heiklen Fragen

 

Das dürfte nicht zuletzt einigen Druck von Erziehungsdirektor Christian Amsler weggenommen haben. Der oberste Bildungschef war nämlich während der heissen Phase der Proteste mit der unangenehmen Frage konfrontiert worden, ob die Bürokratie in der Erziehungsdirektion nicht auch einen Sparbeitrag leisten müsse. Vollmundig versicherte Amsler darauf am 3. Oktober in einem Interview mit den 'Schaffhauser Nachrichten', es gebe durchaus 'eine gewisse Opfersymmetrie'. Detailliert zählte er die Sparbeiträge der Verwaltung von insgesamt 581'000 Franken auf. Bemerkenswert: Der Löwenanteil von 320'000 Franken (also mehr als 50 Prozent) wird bei der Schulzahnklinik eingespart.

 

Der Anbruch der Herbstferien bewahrte den Erziehungsdirektor vor weiteren heiklen Fragen, die durchaus berechtigt wären. Wenn der Kanton schon so massiv an seinem Bildungsangebot in der Primar- und Oberstufe herumschraubt, müsste er im gleichen Mass auch seine Verwaltungskosten einer Prüfung unterziehen. Vergleicht man nämlich die Kantonsrechnungen von 2001 und 2011, dann stellt man fest, dass die Lohnkosten im Verwaltungssektor in diesem Zeitraum von rund 2,1 auf 3,3 Millionen Franken gestiegen sind.

 

Zwar fand zwischen 2001 und 2011 ein Umbau der Verwaltung in der Erziehungsdirektion statt, der einen genauen Vergleich erschwert, aber der Eindruck, dass die Bürokratie kräftig aufgestockt wurde, trügt nicht. Vor diesem Hintergrund wirken die Sparbeiträge in der Bildungsverwaltung wie ein reines Plazebo.

 

Einen anderen Begriff kann man nicht verwenden, wenn man das Budget 2013 der Kantonsrechnung 2011 gegenüberstellt. Betrugen die Lohnkosten in der Bildungsverwaltung im Jahr 2011 3'280'260.30 Franken, so sieht das Budget 2013 3'253'600 Franken vor, ein Minus von lächerlichen 0,82 Prozent! Von einer wirklichen Sparanstrengung ist diese Zahl weit entfernt.

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